On Peter Watkins: Gerard Byrne, Werner Feiersinger, Melik Ohanian, Corinna Paltrinieri, Roman Signer
27.04.–09.06.2007
Die Galerie Martin Janda zeigt von 28. April bis 9. Juni 2007 die Ausstellung On Peter Watkins mit Werken von Gerard Byrne, Werner Feiersinger, Melik Ohanian, Corinna Paltrinieri und Roman Signer: Filme, Fotografien und skulpturale Positionen, die sich auf die Arbeiten des Filmemachers Peter Watkins beziehen oder inhaltliche Momente dieses Werks thematisieren.
Provokant formulierte politische Inhalte und radikale Unabhängigkeit gegenüber der Medien- und Filmindustrie in der Produktion kennzeichnen die visionären Filme des gebürtigen Briten Peter Watkins und waren gleichzeitig ausschlaggebend für deren seltene Aufführung. Eine angemessene Würdigung erfuhr Watkins’ Werk erst spät, auch wenn The War Game 1967 als bester Dokumentarfilm mit dem Oscar ausgezeichnet wurde (die BBC, sein Auftraggeber, verbot die Ausstrahlung des Films zwanzig Jahre lang).
Melik Ohanians Invisible Film (2005) bezieht sich direkt auf Peter Watkins’ Punishment Park (1971), ein Film über ein imaginäres Strafcamp für politische Häftlinge im Amerika der 1970er Jahre. Die wegen Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg Inhaftierten können bei einem improvisierten Gerichtsverfahren zwischen 15 Jahren Zuchthaus und drei Tagen im „Punishment Park“ wählen. Dieser erweist sich als eine Treibjagd durch die Wüste mit äußerst geringen Überlebenschancen. Watkins’ Film wurde von der Amerikanischen Regierung mit einem 25-jährigen Aufführungsverbot belegt.
Melik Ohanian zeigt nun diesen Film an seinem Drehort und Originalschauplatz, der Wüste El Mirage in Kalifornien. Ohanian lässt sowohl Bild als auch Ton in die Wüstenlandschaft projizieren, ohne Leinwand und in Originallänge während des Sonnenuntergangs. Die Dramatik des Ausgangsmaterials bleibt über die Tonspur erfahrbar, die langsame Veränderung des Lichts in der Landschaft erzeugt Momente einer stillen Erinnerung.
Deimantas Narkevičius’ Film The Role of a Lifetime (2003) ist als wichtige Erweiterung unserer Ausstellung in der Wiener Secession zu sehen, die zeitgleich eine Einzelausstellung des litauischen Künstlers zeigt. In diesem Werk verknüpft Narkevičius drei komplexe erzählerische Ebenen: Die Tonebene bildet ein Interview mit Peter Watkins, der zu dieser Zeit in seinem selbst gewählten Exil Litauen lebte. Auf der Bildebene werden Landschaftszeichnungen von Litauen und Zeichnungen von Skulpturen aus der russischen Besatzungszeit mit gefundenen Bildsequenzen, die ein Filmamateur im englischen Seebad Brighton drehte, aneinander montiert. Narkevičius verbindet in seinen Filmen scheinbar zusammenhanglose Elemente, um so überraschende Momente der formalen Überschneidung und inhaltliche Erweiterungen zu entwickeln.
Edward Munch (1973–1976) war der erste Film von Peter Watkins, mit dem sich der Bildhauer Werner Feiersinger Anfang der 1990er Jahre in Rotterdam beschäftigte. Seine Skulptur Backboard (2007) besteht aus acht Metallstangen, die mit einem textilen Band verbunden sind. Transparenten für eine Demonstration gleich lehnen die Stangen an der Wand und verweisen durch das unbedruckte Segeltuch auf die Austauschbarkeit von Inhalten, auf Fragen des Einzelnen und des Kollektivs. Aufgestellt ergeben die durch den weißen Stoff verbundenen Metallstäbe ein Achteck als geschlossene Form: Perfektion, formale Strenge und hermetische Abgrenzung.
Roman Signers großformatige Arbeit Blechtafeln (2006) entstand aus gefundenen Teilen eines Schießstands. Obwohl sie nur das Ziel bezeichnen sollen, sind die Tafeln durch die vielen Einschüsse deformiert: als Zeichen von Unvermögen oder Absicht.
Der irische Künstler Gerard Byrne untersucht in seinen Arbeiten, wie Fotografie, Massenmedien und Film die visuelle Kultur des 20. Jahrhunderts beeinflusst haben. Sämtliche Fotoarbeiten und Filme Byrnes beruhen auf der Vorstellung, jüngere Geschichte zu übersetzen oder rekonstruieren, um so ein neues Licht auf vermeintlich bekannte Wahrheiten oder vergessene kulturelle Einflüsse zu werfen.
„Sie lösen etwas aus, sie ahmen nicht einfach nach“ – neue Erfahrungen, sei es durch die vorsätzliche Manipulation von Originaltexten oder die extrem künstliche Ausleuchtung bestimmter Landschaften, werden geschaffen.
Die Fotoserie von Corinna Paltrinieri gibt einen intensiven und sehr persönlichen Einblick in die Dreharbeiten von Peter Watkins’ letztem Großprojekt La Commune (2000). Der Film, realisiert mit über 200 (Laien-)Schauspielern, beschäftigt sich mit der Entstehung und die Auseinandersetzungen um die Pariser Kommune von 1871, handelt aber ebenso von den gemeinsamen Erfahrungen, die alle Beteiligten des Films machen und in die Handlung einbringen
Das Filmmuseum zeigt parallel zur Ausstellung On Peter Watkins in Zusammenarbeit mit kinoki eine Peter Watkins-Retrospektive (25. April bis 4. Mai 2007, Programm siehe www.filmmuseum.at ). Zwei Filme über den Künstler, Gespräche mit Mitwirkenden von La Commune (darunter Peter Watkins’ Sohn Patrick) und eine kinoki-Podiumsdiskussion am 1. Mai um 20 Uhr im Depot (7., Breite Gasse 3) ergänzen die Filmschau.