Asier Mendizabal: Prozess und Zufall

24.10.–01.12.2018

Asier Mendizabal
Point de capiton (Hodja), 2016 (Detail)
verzinkter Stahl, Inkjet Print, PVC Leinwand, Schrauben und Magnete
140 x 100 x 56 cm

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Asier Mendizabal
Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, 2018
Foto: Anna Konrath

Eröffnung: Dienstag, 23. Oktober 2018, 19 Uhr

Das meiste, das über das Werk des baskischen Künstlers Asier Mendizabal (Ordizia, *1973) geschrieben wurde, handelt von Masse und Macht, Objekt und Funktion, Konflikt und Repräsentation, Geschichte und Symbol. Mendizabals Laufbahn währt nun beinahe 20 Jahre, in denen er diese Narrative durch das unermüdliche Dekodieren und Rekontextualisieren von Formen thematisiert hat.

Im internationalen Kunstkontext, der von Marken und Trends geprägt ist, beruft sich Asier Mendizabal auf Konzepte wie „Abstammung“ und „Genealogie“, um durch sie einen speziellen Begriff von „Tradition“ zu behaupten. Immerhin gehört er einer KünstlerInnengeneration an, die sehr bewusst die Verbindung geschichtlicher und territorialer Ideen zu einem ästhetischen Programm erhoben und gleichzeitig ein neues formales Idiom entwickelten, das sich aus einer ganz spezifischen bildhauerischen Tradition ableitet und das sich umso kompromissloser vielfältig und komplex ausdifferenziert.

Mendizabal stellt nicht zum ersten Mal in Wien aus. 2014 nahm er an A Singular Form teil, einer Gruppenausstellung in der Secession, die – grob gesprochen – die möglichen Verzahnungen zwischen Objekthaftigkeit und Funktionalität untersuchte. Sein Beitrag stand beispielhaft für das, was oben angedeutet ist. Ausgehend von seinem Interesse am Holzschnitt als Drucktechnik für schemenhafte Bilder, stellte er in diesem Fall große Menschenansammlungen dar. Der Versuch der Abbildung solcher Mengen hängt direkt mit dem bereits erwähnten Verhältnis zwischen Masse und Macht zusammen. Während die laminierte Spanplattenkonstruktion in der Secession eindeutig auf die alte Drucktechnik verwies, sehen wir nun in der Galerie Martin Janda nur noch Teile, deren eigentliche Funktion unkenntlich ist. Als Fragmente lehnen sie an der Wand und erinnern mit ihrem leicht morbiden Touch ein wenig an Grabsteine. In Mendizabals Kunst oszillieren die Werke immer wieder zwischen Nützlichkeit und Mythischem. Füglich wird in der aktuellen Ausstellung in Wien das Ziel dieser alten Drucktechnik nur angedeutet – als Darstellungen jener nämlich, die „fürchterlich wurden, nachdem sie ihre Furcht verloren“, wie Mendizabal selbst bemerkt. Vor der Erfindung der Fotografie kannte man die Masse nur als abstrakte Form. Der Holzdruck diente also nicht bloß der Bildherstellung. Er wirkte auch in den Raum der Sprache, denn die beiden Bedeutungen von „Masse“, verstanden als Material und Masse zugleich, verbinden sich hier auf tautologische Weise.

Mendizabals Kunst hat einen stark theoretischen Aspekt. Auch in seinen Schriften verknüpft er emphatisch Abfolgen geschichtlicher Ereignisse mit ihren charakteristischen ideologischen Genealogien. Seine Schlaglichter auf die Geschichte gelten den Lücken und blinden Flecken und beleuchten damit auch klar Mendizabals Auffassung, wie sich Identitäten bilden, ob diese nun nationaler oder künstlerischer Art sind. Bestürzt beobachtet er, wie einstmals schwache und tendenziöse Diskurse zu offiziellen Narrativen auswachsen (können). Solche Ereignisse fungieren als Syntagmen – ein Begriff, den der Künstler bereits in seiner Ausstellung in der Secession mit einer aus einem einzigen Baum geschnitzten Holzkette illustriert hat. Die Geschichte ist eine heterogene Kette von mehr oder weniger legitimen, mehr oder weniger sichtbaren Situationen.

Die moderne Vorstellung von Geschichte als Akkumulation von Ereignissen wird indessen konterkariert von einer Metapher, die auch eine der Grundannahmen der Bildhauerei bildet, nämlich jener der Subtraktion. In Edmond Jabès’ „Das Buch der Gastfreundschaft“ findet sich folgende Passage: „Das Innere des Steins ist geschrieben. Es war also immer lesbar und wird es auch immer sein“. Eine ästhetische Annäherung an Geschichte mag in Mendizabals Werk durch Subtraktion erreicht werden, genauso aber auch durch Akkumulation, denn alle Narrative verbinden sich immer zu einem fragmentierten Ganzen, in dem sich die Geschichte spiegelt.

Text: Javier Hontoria

Asier Mendizabal (*1973) lebt und arbeitet in Bilbao.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!