Jun Yang, Adrien Tirtiaux
20.06.–18.08.2007
Jun Yang
Die Hauswände eines Einfamilienhauses und eines Wohnhauses bilden einen kulissenhaften Raum, der Jun Yang als Präsentationsort seiner neuesten Videoarbeit A better tomorrow dient. Für die letzte Liverpool Biennale entstanden, thematisiert der Künstler hier den Zusammenhang zwischen Industrialisierung und Architektur. Jun Yang spürt den historischen, noch immer sichtbaren Veränderungen in der Stadtstruktur nach und verbindet seine Beobachtungen auf dem Streifzug durch Liverpool mit der Geschichte seiner Eltern. Migration im Zuge der Industrialisierung trifft auf die Migration seiner Familie von China in den Westen – und später die Rückkehr nach China. Migration als Wunscherfüllung: For a better tomorrow.
Das Video besteht aus einer Dokumentation von Wohnformen in Liverpool, vom Ende der viktorianischen Epoche bis heute. Die Szenen werden als ´establishing shots´ aneinandergereiht, eine Technik, die vor allem in Soaps angewendet wird, um möglichst kurze Übergänge in der Handlung zu gewährleisten. In Jun Yangs Film ist die Handlung auf visueller Ebene ausgespart und kommt in der biographischen Geschichte auf ausschließlich oraler Ebene hinzu, als narrative Klammer, aber auch als Kontrast und Ergänzung.
Mit Hoffnung und Wunschvorstellungen beschäftigen sich auch Yangs Arbeiten Somewhere over the Rainbow I & II in seiner dritten Einzelausstellung in der Galerie Martin Janda. Yang überarbeitete Werbebroschüren aus Japan und China, die neue Häuser und Wohnbezirke anpreisen. Idealisierte Lebenswelten, die es in dieser Form nicht gibt oder geben wird. Durch die Austauschbarkeit der Orte und die Gleichförmigkeit dieser Scheinwelten werden auch Fragen nach der Globalisierung unserer Träume gestellt.
Die Globalisierung unserer allernächsten Umgebung wird auch in der neuesten Arbeit Ohne Titel (Geldbaum, Gummibaum, Dieffenbachie,…) (2007) thematisiert. Zahlreiche Zimmerpflanzen - exotische Gewächse, die durch Züchtungen zu Topfpflanzen domestiziert wurden - sind unabhängig von ihrer Herkunft weltweit uniform zu finden. Auch in Asien verdrängt diese Wohnästhetik den traditionellen Umgang mit Natur nachhaltig. Jun Yang baut diese Pflanzen in Karton nach, verstärkt ihren artifiziellen Charakter und unterstreicht ihre Funktion als bloße Metapher für Natur.
Adrien Tirtiaux
Im Projektraum im Untergeschoß der Galerie zeigen wir die erste Einzelausstellung des belgischen Künstlers Adrien Tirtiaux.
Tirtiaux verwendet architektonische Elemente der vorgefundenen Räume als Ausgangspunkt für seine Raumarbeit Auprès de mon arbre und setzt damit die kontextuelle Vorgehensweise, die seine Projekte im öffentlichen Raum charakterisieren, im Innenraum fort. Mit nur wenigen Eingriffen, Spiegel und Farbe wird das Aufzugsfundament im Ausstellungsraum und die Lüftungsanlage im Hof verkleidet und ein poetisches Bild erzeugt, dass auf einen Liedtext Georges Brassens verweist: „Bei meinem Baum lebte ich glücklich, nie hätte ich mich von ihm entfernen sollen...“ singt Brassens.
„Die Schaffung einer künstlichen Natur innerhalb des White Cube lädt den Betrachter ein, zum Außenraum zurückzukehren. Und doch verstärkt im Endeffekt die burleske Tarnung des Aufzugsfundaments und der Lüftungsanlage ihre Funktionalität. Und doch braucht die illusorische Flucht den Rahmen des institutionellen Raumes.“ (Adrien Tirtiaux)
Auprès de mon arbre
Je vivais heureux
J’aurais jamais dû
M’éloigner de mon arbre
Auprès de mon arbre
Je vivais heureux
J’aurais jamais dû
Le quitter des yeux
Georges Brassens