Joe Scanlan

Ich möchte meine für meine Kunst eine Ausstrahlung von Unabhängigkeit und Beweglichkeit, selbst wenn sie sich im Museum befindet. Wenn die Kunst anerkennen muss, dass sie nur ein anderer Teil einer allumfassenden Konsumgesellschaft ist, dann ist ihr einziger Weg zu kultureller Macht, sich in die Gesellschaft einzuklinken. Um noch jemand anderen zu zitieren, der in Pay For Your Pleasure (reprise) auftraucht, nämlich Kim Gordon von Sonic Youth: "In gewisser Weise wurde ich mein ganzes Leben lag dazu erzogen, Kunst zu machen... Ich habe einfach gespürt, dass ich Musik machen sollte. Mit schien es so, als ob das wirklich der nächste Schritt nach der Pop Art sei, nämlich direkt in eine populäre Form der Kultur einzusteigen anstatt sie zu kommentieren." Es geht darum, neue Ideen für den Konsum in Umlauf zu bringen. Es geht darum, die Richtung oder den Fluss der politischen Ökonomie der Kunst zu verändern, indem man versucht, Dinge zu machen, die als Kunst beginnen, hinaus in die Welt fließen und ebenso als Kunst im Museum enden können.
In mancher Hinsicht finde ich das Unternehmertum dynamischer und ausdauernder als die Kunst. Heutzutage folgt die Kunst mehr oder weniger einem Modezyklus. Selbst der konservativste Anleger von Risikokapital jedoch gibt einer Idee fünf Jahre, um sich auszuzahlen. Auf diese Weise kommt der Kapitalismus dem Risiko und dem Zufall stärker entgegen als die Kunst. Der Kapitalismus nimmt sie als einen Frage des Überlebens. Das ist es, was Joseph Schumpeter in seiner Analyse der Geschäftszyklen und in seinem Konzept der kreativen Destruktion sagt, die das ziemlich genaue kapitalistische Gegenstück zur Avantgarde darstellt.

Julian Heynen, WINDOW SHOPPING. A conversation between Julian Heynen and Joe Scanlan; in: Joe Scanlan, Passing Through, Düsseldorf, 2007, S. 83f.